Rückblick auf die 44. Legislaturperiode |
 |
1. Staatspolitik und Rechtsordnung
93.077 |
Beamtengesetz. Teilrevision
|
|
Statut des fonctionnaires.
Révision partielle |
Botschaft: 04.10.1993 (BBl IV, 512 / FF IV, 520)
Ausgangslage
Der tiefgreifende Wandel in Wirtschaft, Gesellschaft und
Politik verlangt von der Verwaltung eine Erhöhung ihrer Aktions- und Reaktionsfähigkeit.
Dazu gehören unter anderem Dienstverhältnisse, die
- Beweglichkeit in der Aufgabenzuweisung garantieren,
- aufgabenspezifische Differenzierungen der Arbeitsbedingungen
der Bediensteten ermöglichen,
- Freiräume für Führungsentscheide offenlassen,
- Veränderungs- und Leistungsbereitschaft fördern.
Um diese und andere Postulate umsetzen zu können, muss das
Beamtengsetz von 1927, wie vom Parlament mittels einer Motion verlangt und vom Bundesrat
im Rahmen der Legislaturplanung vorgesehen, einer Totalrevision unterzogen werden. Da die
Neufassung des Bundesdienstrechts einige Zeit in Anspruch nehmen wird, die Anpassung der
Kaderdienstverhältnisse und gewisser Besoldungselemente an die gewandelten Verhältnisse
jedoch nicht mehr länger aufgeschoben werden kann, soll eine vorgängige Teilrevision
durchgeführt werden.
Der Revisions-Entwurf steht unter dem Leitgedanken der
Flexibilisierung. Gleichzeitig bietet er aber Schutz vor Willkür. Im einzelnen sieht er
die folgenden Neuerungen vor:
- eine flexiblere Ausgestaltung der Dienstverhältnisse der
höheren Kaderbeamten und Kaderbeamtinnen, namentlich durch Abschaffung der Wahl auf
Amtsdauer;
- die Grundlage für eine echte Leistungskomponente für das
gesamte Personal;
- die Kompetenzübertragung an den Bundesrat für
Reallohnmassnahmen und die nähere Regelung einzelner Teile des Besoldungssystems
(Anfangsbesoldung, ordentliche und ausserordentliche Besoldungserhöhung);
- die Unterstellung der Familienzulage unter den
Teuerungsausgleich bei gleichzeitig beschleunigtem Ausstieg aus der altrechtlichen
zivilstandsabhängigen Familienzulage;
- die Grundlage für besondere Massnahmen im Falle grösserer
Restrukturierungen;
- Rechtsetzungsdelegationen an PTT und SBB im Personalbereich;
- die Anpassung des Instrumentariums der Pensionskasse des
Bundes an die Flexibilisierung der Dienstverhältnisse.
Mehr Flexibilität soll der Bundesrat auch beim
Teuerungsausgleich erhalten: Im Gegensatz zur Privatwirtschaft wurde bis anhin beim Bund
aus Zuständigkeitsgründen zwischen Teuerungsausgleich und Reallohnmassnahmen streng
getrennt. Parallel zur verstärkten Kompetenzdelegation für Reallohnmassnahmen wird ihm
konsequenterweise auch im Bereich der Kaufkrafterhaltung mehr Handlungsspielraum
eingeräumt.
Die vorgeschlagenen Neuerungen des Beamtengesetzes werden
zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt, dass sie für den Bund per Saldo keine
Mehrkosten zur Folge haben. Die erweiterten Kompetenzen erlauben dem Bundesrat vielmehr,
in Zeiten schlechter Bundesfinanzen und gleichzeitig schwieriger Wirtschaftslage mit den
Sozialpartnern einen den neu geschaffenen Flexibilisierungsmöglichkeiten im
Besoldungsbereich entsprechenden angemessenen Sparbeitrag des Bundespersonals
auszuhandeln.
Verhandlungen
NR |
01./02.06.1994 |
AB 1994, 804, 817, 829 |
SR |
26.01.1995 |
AB 1995, 66 |
NR |
14.03.1995 |
AB 1995, 594 |
SR |
21.03.1995 |
AB 1995, 353 |
NR / SR |
24.03.1995 |
Schlussabstimmungen (A: 130:33 / 41:0; B:
144:8 / 40:0) |
Im Nationalrat wurde die Kompetenzübertragung an
den Bundesrat für die Festlegung des Teuerungsausgleichs gutgeheissen. Dabei legte der
Rat auf Antrag Raggenbass (C, TG) detailliert fest, dass bei der Bemessung neben der
Teuerung auch die Wirtschaftslage, der Zustand der Bundesfinanzen sowie soziale Aspekte zu
berücksichtigen seien. Bei der angestrebten Flexibilisierung der Anstellungsverhältnisse
für hohe Kaderstellen setzte sich gegen den Widerstand der SP und von Bundesrat Stich
eine verschärfte Lösung durch: Sowohl die Weiterbeschäftigungsgarantie als auch die
Ausbezahlung des bisherigen Lohns für zwei Jahre bei einer tieferen Einstufung wurden
gestrichen. Die Vorlage C (Änderung der EVK-Statuten) wurde an den Bundesrat
zurückgewiesen. Dieser legte sie im November mit einer separaten Botschaft neu vor (siehe
unten, Geschäft 94.070).
Der Ständerat folgte dem Nationalrat weitgehend; er
lehnte allerdings die Flexibilisierung der Anstellungsverhältnisse des Kaders
diskussionslos ab. Bei der Bereinigung der Differenzen beugte sich der Nationalrat diesem
Entscheid mit 78 zu 58 Stimmen.
Legislaturrückblick 1991-1995 - © Parlamentsdienste Bern
|